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Das Jahresmagazin von Innosuisse 2022

Ein traditionelles KMU entwickelt Werkzeuge von morgen

Seit über 100 Jahren stellt die Eskenazi SA aus Carouge bei Genf Schneidewerkzeuge für die Präzisionsmechanik her, hauptsächlich für die Uhrenindustrie und die Medizinaltechnik. Das Familienunternehmen mit 35 Mitarbeitenden kann auf eine lange Firmengeschichte zurückblicken, investiert aber mit der hauseigenen Forschungs- und Entwicklungsabteilung in die Zukunft.

Das KMU arbeitet unter anderem mit Hochschulen zusammen, um seine Werkzeuge weiterzuentwickeln und zu verbessern. «Die Forschungsprojekte ermöglichen uns, neue Bearbeitungstechniken zu finden und die Werkzeuge von morgen zu entwickeln», sagt Gilbert Grosjean, Leiter der beiden Abteilungen Produktion sowie Forschung und Entwicklung.

So ein «Werkzeug von morgen» ist zum Beispiel das Mikroschneidewerkzeug mit Innenkühlung, das Eskenazi zusammen mit der Haute école du paysage, d'ingénierie et d'architecture de Genève (HEPIA) entwickelte: Statt dass das beim Fräsen nötige Schmiermittel von aussen zugeführt wird, kommt es direkt aus winzigen Löchern im Werkzeug selbst.

Ein Laser (oben) schneidet mikroskopisch kleine Löcher ins Schneidewerkzeug. Aus diesen Löchern kommt dann später beim Fräsen das Schmiermittel.

Präziseres und effizienteres Fräsen

Bei der spanenden Bearbeitung von Metallen entstehen hohe Temperaturen. Ein kühlendes Schmiermittel, meist auf der Basis von Öl, verringert die Reibung zwischen Werkzeug und Werkstück, kühlt das ganze System und führt die anfallenden Späne ab.

Weil das Kühlmittel nun direkt aus dem Schneidewerkzeug selbst kommt, gelangt es näher an die Schneidefläche. Es kann präziser und schneller gearbeitet werden und der Verschleiss ist geringer. «Die Kühlung durch die Werkzeugspitze bedeutet eine deutliche Verbesserung bezüglich Lebensdauer und Leistung von Mikroschneidewerkzeugen», sagt Walter Gilli, F&E-Ingenieur bei Eskenazi. Bisher war eine solche Innenkühlung nur bei deutlich grösseren Werkzeugen möglich. Die Entwicklung wurde zum Patent angemeldet.

Ein erstes Projekt wurde 2019 abgeschlossen und die innovativen Werkzeuge sind seit April 2022 im Eskenazi-Katalog aufgeführt. Auch wenn die Technologie nach Projektabschluss ausgereift war: Um ein Produkt erfolgreich industriell herzustellen, braucht es immer eine gewisse Zeit, sagt Walter Gilli.

«Ohne die Unterstützung durch Innosuisse müssten wir bei der Entwicklung auf ‹Trial-and-Error› setzen. Das würde viel mehr Zeit kosten und das Resultat würde wohl nie so gut werden wie durch forschungsbasierte Erkenntnisse.»

Walter Gilli

F&E-Ingenieur bei Eskenazi

Weiterforschen an nachhaltigerem Prozess

Seit 2022 arbeiten die HEPIA und Eskenazi nun am Folgeprojekt – auch wieder mit der Unterstützung von Innosuisse: Dafür wird untersucht, ob sich überkritisches Kohlenstoffdioxid (auch superkritisches CO2, kurz sCO2 genannt) zur Kühlung beim Fräsen eignet.

Überkritisches Kohlenstoffdioxid ist eine bei 36 Grad Celsius komprimierte Flüssigkeit, die ohne Druck kalt und gasförmig wird, also ideal für den Zerspanungsprozess ist, erklärt Walter Gilli. «Innerhalb des Werkzeugs ist das Schmiermittel flüssig, sobald es austritt, wird es zu Gas.»

Durch den Einsatz von sCO2 wird der Fräsprozess ökologischer, betont Gilbert Grosjean. Für die Kühlung brauche es keine erdölbasierten Stoffe mehr und der ganze Vorgang braucht gemäss ersten Tests auch weniger Energie. Zudem ist der Verschleiss an Werkzeugen beim Fräsen von Materialien wie Titanium oder Gold kleiner. Und die zugeschnittenen Teile werden keine Ölrückstände mehr aufweisen und einfacher zu reinigen sein. Das ist gerade auch im medizinischen Bereich wichtig.

F&E-Ingenieur Walter Gilli prüft, ob die zentrale Kühlung der Mikrofräser durch die Mikrolöcher funktioniert.

Wichtige Zusammenarbeit mit Hochschulen

Eskenazi führte Vorversuche durch, die das hohe Potenzial dieser Technik belegen. «Aus ersten Tests sehen wir, dass überkritisches Kohlenstoffdioxid sich bei bestimmten Materialien besser verhält als Öl», sagt Walter Gilli. «Das Projekt soll nun zeigen, was genau beim Austritt des Kohlendioxids aus dem Werkzeug passiert.» Die HEPIA sei mit ihrem Fachwissen die ideale Forschungspartnerin. «Die Zusammenarbeit hilft uns, die Zusammenhänge abschliessend zu verstehen. Nur so können wir ein verlässliches Produkt entwickeln.»

Während die HEPIA in den ersten Projektmonaten damit beschäftigt ist, die Dynamik des Wandels von der Flüssigkeit zu Gas und deren Wirkung im Fräsprozess zu erforschen, führt die F&E-Abteilung von Eskenazi Tests durch und versucht herauszufinden, welche Werkzeuge sich für den Einsatz von sCO2 am besten eignen.

«Wir sind zuversichtlich, dass die Projektziele erreicht werden und etwas Verwertbares entsteht», sagt Walter Gilli. Wir werden so schnell wie möglich ein Produkt daraus entwickeln, unsere Infrastruktur steht bereit. Wir sind uns sicher, dass sich ein solches Produkt schnell vermarkten lässt. Wir haben bereits Interessenten.»

Im konstanten Austausch

In einem anderen laufenden Innosuisse-Projekt arbeitet das Genfer KMU mit der Universität Genf zusammen. Das seien die richtigen Partner, wenn es um innovative Werkzeugbeschichtungen geht, sagt Gilbert Grosjean. Beziehungen zu verschiedenen Hochschulen und Abteilungen sowie der persönliche Austausch mit Professorinnen und Professoren sowie weiteren Hochschulmitarbeitenden sei für ein innovatives KMU in einem Nischenmarkt wichtig, betont der F&E-Leiter von Eskenazi. «Durch konstanten Austausch wissen wir, wer woran arbeitet, und wir können gemeinsam Ideen und Lösungen entwickeln.»

Und manchmal führt der Wissenstransfer zwischen Forschung und Unternehmen auch zur Rekrutierung von Personal: Walter Gilli arbeitete während des ersten Projekts noch als Assistent an der HEPIA und wechselte nach Projektabschluss 2019 als F&E-Ingenieur zu Eskenazi.

Unterstützung durch Innosuisse

  • 1 Innovationsprojekt mit der HEPIA
  • 1 Innovationsprojekt mit der Universität Genf
  • 1 Innovationsprojekt der KTI
  • Innovationsscheck
  • Mentoring